Caspian, 6 Monate alt

Wer schützt Norwegens Kinder vor den Kinderschützern?

Das ist Caspian. Er ist 6 Monate alt. Friedlich ist er in seinem Bettchen eingeschlafen. Dieses Foto entstand gestern am 13.6.2016 um 13:58 Uhr. Nur wenige Augenblicke später stürmen fünf bewaffnete Polizisten in Begleitung der Norwegischen Kinderschutzbehörde „Barnevernet“ das Haus von Margaret Hennum und nehmen das Baby gewaltsam an sich.

Margaret Hennum ist norwegische Krankenschwester und arbeitet auf einer Neugeborenen-Intensivstation. Die überzeugte Christin hatte Caspian und seine Mutter Nadia in ihrer Familie aufgenommen. Vor ungefähr einem Monat hatte Nadia ein Mutter-Haus verlassen und wollte nun mit Margaret Hennums Hilfe in ein neues Leben starten. Ihr altes Leben wurde von Norwegens Kinderschutzbehörde Barnevernet brutal zerstört, als sie 13 Jahre alt war. Damals befand sie sich mit ihrer 12-jährigen Schwester in der Schule. Dort wurden beide von Barnevernet in „Obhut“ genommen. Die Mädchen mussten gewaltsam auseinander gerissen werden, da sie sich verzweifelt aneinander geklammert hatten. Die Polizei holte auch die anderen drei Geschwister.
„Als ich zuhause lebte, ging es mir gut“, erinnert sich Nadia. Doch sie und ihre Geschwister sollten von nun an nicht mehr zusammen sein. Sie wurden von der Behörde im ganzen Land verteilt. Nadia steckte man in ein Kinderheim. Dort kam sie durch andere Kinder mit Drogen in Kontakt und wurde bald abhängig. Ihre Sucht sollte sie die nächsten 13 Jahre immer wieder verfolgen. Dann wurde sie schwanger.

Zwei Tage nach der Geburt – es war in der Vorweihnachtszeit des letzten Jahres – wurde Nadia von Barnevernet mitgeteilt, dass ihr neugeborener Sohn umgehend in eine Pflegefamilie gegeben werden sollte, außer sie begebe sich freiwillig mit ihm in Beobachtung ins „Sudmanske Mutter Haus“. Nadia hatte keine Wahl, wenn sie ihr Kind behalten wollte. Also stimmte sie zu.

Zwei Tage vor Weihnachten trafen sich die Mitarbeiter besagter Einrichtung zu einer Besprechung mit Nadia. Es war Mitternacht. Allerdings wurden keine etwaigen Fortschritte analysiert, sondern man teilte der Mutter lediglich mit, dass man ihr das Kind nun doch wegnehmen werde. Zu diesem Zeitpunkt hatte Nadia ihren Sohn noch gestillt. Wohin das Kind gebracht wurde, erfuhr Nadia nicht.

Zwei Wochen später versprach man Nadia, dass sie ihren Sohn wieder zurück bekommen würde, wenn sie sich mit ihm zwecks weiterer Beobachtungen ins 500 km entfernte „Vilde Mutter-Haus“ begeben würde. Da sie keine Wahl hatte, stimmte sie sofort zu. Von nun an wurde sie Tag und Nacht rund um die Uhr beobachtet. Mittels Videoaufzeichnung wurden die Leistungen der alltäglichen Aufgaben festgehalten. Ebenso der Umgang mit dem Kind, die Mimik, die Stimmung bis hin zu IQ-Tests.

Im Mai verließ Nadia die Einrichtung. Glücklich darüber, dass sie endlich in ein neues Leben starten konnte. Margaret Hennum wollte ihr dabei helfen und nahm sie in ihrer Familie auf. „Nadia ist eine liebevolle Mutter“, erinnert sich Margaret, die noch gar nicht fassen kann, dass die Polizei gestern mit der Kinderschutzbehörde gewaltsam ihr Haus gestürmt und das Kind geholt hat. Die Polizisten gaben ihr gegenüber an, dass sie selbst nicht wussten, worum es eigentlich ging. Sie befolgten nur Befehle.

Es wurde kein Gerichtsbeschluss und kein Haftbefehl vorgewiesen. Es gab kein klar erkennbares Motiv für dieses Vorgehen. Vielmehr wird man hier an die Methoden der Nazis erinnert, die seinerzeit Häuser stürmten und nach Juden suchten. In ähnlicher Weise hat sich gestern die Kinderschutzbehörde „Barnevernet“ im westnorwegischen Brandal verhalten. Nadias Geschichte ist nur eine von vielen, und die Frage bleibt offen: wer schützt Norwegens Kinder vor den Kinderschützern?

 

[Foto: Hennum / Privat]

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